Ein Standard-Deck, das aus dem Raster fällt

Viele Neueinsteiger mögen sich während der sogenannten Spoiler Season auf das neue Set gefreut haben. Kein Wunder – schliesslich versprach «Throne of Eldraine» eine vielversprechende neue Engine: Abenteuer[1]. Auch langjährige Spieler dürften bei dieser Mechanik nicht schlecht gestaunt haben. Sie liess ein synergetisches Deck vermuten, das nur noch gebraut werden musste. An den Mythic Championships im Arena-Format lieferte Piotr Glogowski eine der ersten Interpretationen eines solchen Decks ab. Mit «Golgari Adventure» spielte er ein wenig spektakuläres 3-3. Was aber für die Community wichtiger ist als das Ergebnis Glogowskis, ist die Konfrontation mit einer aussergewöhnlichen Spielstrategie.

Nur mit Abenteuer-Karten kann man kein Spiel gewinnen. Dem Deck würde es an Card Draw und spielentscheidenden Bomben fehlen. Ein ausgewogenes Deck braucht ausserdem mehrere Karten, die – wenn es sein muss – im Alleingang eine Spielwende herbeiführen können.

Glogowskis «Golgari Adventure» ist primär darauf aus, mit seinem Herzstück Edgewall Inkeeper[4] und Abenteuer-Kreaturen das Spielfeld zu füllen. Bei einer derartigen Strategie besteht im Normalfall die latente Gefahr eines Board Wipes – nicht aber bei diesem Deck. Denn obwohl mit günstigen Kreaturen ein breites Feld aufgebaut wird, verhilft Edgewall Inkeeper mit seiner Trigger-Ability wiederholt zu sogenannten two-for-ones[2]. Zieht man die gleiche Anzahl Karten nach, die man während eines Zuges in den Spielaufbau gesteckt hat, ist ein Board Wipe nur noch halb so schlimm. Sind schliesslich zwei Edgewall Inkeepers im Spiel, arten die Synergien aus.

Bei den Bomben hat sich Glogowski für die offensichtlichen Kandidaten entschieden. Schon als die Mythics gespoilert wurden, waren sie in aller Munde: Questing Beast[3] und Rankle, Master of Pranks[5]. Bei beiden handelt es sich um aussergewöhnlich starke Kreaturen. Fliegt Rankle über die oft nicht-fliegenden Kreaturen hinweg, verursacht das Questing Beast durch seine Beinahe-Unblockbarkeit, stetigen Kampfschaden.

 

Allround-Bewertung des Decks:



Es ist turniertauglich und dafür vergleichsweise preiswert. Das Deck verfolgt keine einzelne, klare Siegesstrategie. Vielmehr ist bis auf die Abenteuer-Kreaturen jede Permanente ein must answer. Der Gegner wird im ersten Spiel meist überfordert sein, weil es so viele strategisch-zentrale Karten gibt, die ihm eine Antwort abverlangen. Die Bomben sind zudem in den verschiedensten Matchups spielentscheidend und deshalb auch stark in der aktuellen Meta verankert.

Der Preis des Decks beläuft sich auf rund 400 Franken, kein Schnäppchen also. Es gibt allerdings eine Budget-Variante, die unten aufgeführt ist. Die Synergien sind mit dem Original vergleichbar. Im Zentrum steht nach wie vor Edgewall Inkeeper – natürlich im vollen Playset vertreten. Bomben gibt es keine, dafür konzentriert sich das Deck um einen bestimmten Tribal: Ritter (Knights). Die teuerste Karte im Budgetdeck ist Once Upon a Time[6]. Diese kann aber ohne Weiteres durch zusätzliche Kopien von Incubation // Incongruity ersetzt werden, um den Preis so tief wie möglich zu halten.

Sollte aber die Bereitschaft bestehen, etwas Geld in die Hand zu nehmen, um dem Deck den letzten Feinschliff zu verpassen, ist man mit Once Upon a Time nicht schlecht bedient. Hinzu kommt noch eine weitere Ergänzungsmöglichkeit: Statt 4 Murderous Rider, könnten genauso gut 3 gespielt werden. In Kombination mit Lucky Clover reicht oft ein einziger Murderous Rider, um die Oberhand zu gewinnen. Streicht man dann noch einen Sumpf, könnte man die übrigen zwei Slots mit Assassin’s Trophy belegen.

 

4 Edgewall Innkeeper CHF 1.20
4 Foulmire Knight CHF 1.20
3 Blacklance Paragon CHF 3.60
4 Order of Midnight CHF 1.80
4 Smitten Swordmaster CHF 0.75
3 Midnight Reaper CHF 8.70
4 Murderous Rider CHF 39.80
Spells (7)
4 Once Upon a Time CHF 50.00
2 Incubation // Incongruity CHF 0.60
1 Find // Finality CHF 0.75
Artifacts (4)
4 Lucky Clover CHF 1.20
Lands (23)
1 Castle Locthwain CHF 1.95
2 Fabled Passgae CHF 19.50
5 Forest
4 Overgrown Tomb CHF 26.60
9 Swamp
2 Temple of Malady CHF 3.90
Sideboard (15)
4 Duress CHF 0.60
2 Veil of Summer CHF 3.90
3 Noxious Grasp CHF 0.75
2 Legion’s End CHF 1.50
2 Massacre Girl CHF 1.90
2 Ashiok, The Dream Render CHF 5.90
75 Cards Total CHF 176.10

 

Hier gehts zu den Einzelkarten

 

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[1] «Abenteuer» wurden erstmals im 2019 erschienenen Set Throne of Eldraine eingeführt. Abenteuer-Karten bestehen aus zwei verschiedenen Zaubern – einer Kreatur und einem Spontanzauber/einer Hexerei. Sie weist an hohes Mass an Versatilität auf: So kann sie beispielsweise direkt als Kreatur gewirkt werden, wodurch allerdings ihr zweiter Zweck entfällt. Spielt man zuerst den Spontanzauber oder die Hexerei, geht der Zauber «auf Abenteuerreise». Das heisst: Er wird exiliert – verlässt also das Spiel – und kann von dort zu einem beliebigen Zeitpunkt als Kreatur gewirkt werden.

[2] Als two-for-one werden all jene Karteneffekte bezeichnet, die das Spiel beispielsweise auf eine der folgenden Weisen beeinflussen:

  • Ihr spielt eine Karte, die euch zwei Karten ziehen lässt. (Chemister’s Insight)
  • Der Gegner wirft durch einen Karteneffekt von euch doppelt ab. (Mind Rot)
  • Ihr bringt eine Kreatur oder einen Planeswalker ins Spiel, die aufgrund ihres Effekts bzw. ihrer aktivierten Fähigkeit eine Kreatur oder einen Planeswalker des Gegners zerstört. (Ihr baut euer Spielfeld auf und schwächt dabei gleichzeitig das des Gegners) (Wicked Wolf, Dragon God)

Kurzum: Two-for-one umfasst alle Zauber, die mittels eines Effekts euren Kartenvorteil («card advantage») gegenüber dem Gegner herbeiführen.

 

[3] Bild zu Questing Beast [4] Edgewall Inkeeper [5] Rankle, Master of Pranks

Deck Tech Magic the Gathering Blog

 

[6] Once Upon a Time ist einer der mächtigsten Tutor-Zauber, die in den vergangenen Sets gedruckt wurden. Sofern nämlich noch kein Zauber gewirkt wurde, kann Once Upon a Time umsonst gewirkt werden. Der Spontanzauber erlaubt es, sogar enttäuschende Starthände zu behalten.